Pilotstudie

Die Regulierung des Verkaufs von Cannabis für den Eigengebrauch zur Eindämmung des illegalen Marktes und seiner negativen Auswirkungen wird in der Schweiz seit längerer Zeit diskutiert. Die Änderung des Betäubungsmittelgesetzes, die im Mai 2021 in Kraft getreten ist, ermöglicht nun die Durchführung von wissenschaftlichen Pilotversuchen.

Die Studie wird nach dem Schweizer Gesetz durchgeführt und beachtet alle international anerkannten Richtlinien zur Forschung am Menschen. Die zuständigen Ethikkommissionen und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) haben die Studie geprüft und bewilligt.

Die Studie untersucht die Auswirkungen des regulierten Cannabisverkaufs auf das Konsumverhalten und die Gesundheit von Cannabiskonsumierenden. Bei Cannabiskonsumierenden ist der Tabakkonsum, in Joints oder in Zigaretten, die häufigste vermeidbare Ursache für Krankheiten. Durch einen kontrollierten Cannabisverkauf kann geschultes Verkaufspersonal Beratung und Unterstützung anbieten und die Teilnehmenden über risikoärmere Konsumformen, wie beispielsweise die Tabakentwöhnung, aufklären. Bei Bedarf werden auch weitere Beratungsangebote (z.B. bei Alkoholkonsum) vorgestellt.

Ein regulierter Verkauf von Cannabis zum Eigengebrauch soll weder auf die Gewinnung von Neukundinnen und Neukunden, noch auf eine Verkaufssteigerung abzielen. In der SCRIPT Studie wird dies durch ein „nicht-gewinnorientiertes Modell“ erreicht, wobei mit dem Erlös aus dem Verkauf nur der entstandene Aufwand gedeckt wird, ohne dabei einen finanziellen Gewinn zu erzielen.

An der Studie teilnehmen können Personen, die bereits regelmässig Cannabis konsumieren, mindestens 18 Jahre alt sind und ihren Wohnsitz in der Stadt Bern oder in der Stadt Luzern haben.

Die Teilnehmenden werden zufällig in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine Gruppe kann von Beginn an Cannabisprodukte beziehen; die andere Gruppe sechs Monate nach Studienbeginn. Diese sogenannte «Randomisierung» ist der Goldstandard in der Forschung. Die Informationen aus der Gruppe, welche zeitlich versetzt, also sechs Monate nach Studienbeginn, Cannabisprodukte beziehen kann, sind für die Aussagekraft der Studienresultate äusserst wichtig.  

Die Teilnehmenden starten zu unterschiedlichen Zeitpunkten, das führt zu variierender Studiendauer für die einzelnen Personen. Die Studiendauer liegt zwischen einem und maximal zwei Jahren.

Im Fokus der Datensammlung stehen verschiedene Fragebögen zum Thema Gesundheit und Substanzkonsum. Insbesondere interessiert der Wechsel vom Rauchen zu alternativen Konsumformen wie beispielsweise «Dampfen». Zur Datenerfassung werden die Teilnehmenden gebeten, am Anfang der Studie und nach sechs Monaten persönlich an das Studienzentrum zu kommen. Danach werden die Teilnehmenden halbjährlich via E-mail oder Telefon gebeten, einen Fragebogen auszufüllen.

In der Studie werden die Vorgaben des Datenschutzes streng eingehalten. Nur autorisierte Personen haben Zugriff auf die persönlichen Daten der Teilnehmenden, und zwar nur, um Aufgaben im Rahmen der Studie wahrzunehmen. Die Studiendaten werden verschlüsselt in der Studiendatenbank gespeichert. Verschlüsselung bedeutet, dass alle identifizierende Personendaten (Name, Geburtsdatum etc.), durch einen Code ersetzt werden, der keine Rückschlüsse auf die teilnehmende Person erlaubt.

Das Studiencannabis kann in ausgewählten Apotheken erworben werden. Das Angebot ist limitiert und umfasst Cannabis-Blüten, Cannabisharz (Haschisch) sowie E-Flüssigkeiten und Cannabistinkturen. Die Festlegung der Preise für die Produkte erfolgt gemäss Verordnung über Pilotversuche nach dem Betäubungsmittelgesetz (BetmPV). Alle Produkte werden in der Schweiz vom Produzenten Pure Production AG hergestellt, unterliegen strengen Qualitätsprüfungen und werden nach den Vorschriften der Bio-Verordnung produziert. Die Produktion des Studiencannabis wird vom Bund geregelt und bewilligt. Die Teilnehmenden erhalten bei der Anmeldung eine separate Liste mit einer genauen Beschreibung der Produkte und deren Inhaltsstoffen.

Die Produktion von THC-haltigen Cannabisprodukten ist ein Novum in der Schweiz. Aktuell gibt es weniger als eine Hand voll Anbieter, die das erforderliche Wissen vorweisen und entsprechende Produktionsprozesse für die Herstellung von unterschiedlichen Cannabisprodukten gewährleisten können. Ebenso können von diesen Produzenten die von den Forschungsprojekten geforderten Qualität sowie vom Gesetzgeber vorgegebenen Standards sichergestellt werden.

Der Selektionsprozess zur Evaluation der Cannabis-Produzenten wurde in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der Pilotprojekte aus den Städten Basel, Bern, Zürich und Lausanne in den Jahren 2021 und 2022 koordiniert. Auch das Pilotprojekt SCRIPT aus Bern wird im Rahmen seines Forschungsauftrags seine Cannabisprodukte von Pure Production herstellen lassen. Das SCRIPT Studienteam weist auf Folgendes hin: Herr Renato Auer, der Chief Communication Officer der Pure Production AG, ist ein Cousin von Prof. Dr. med Reto Auer, Studienleiter von SCRIPT. Wie hier beschrieben, hatte dieser familiäre Bezug keinen Einfluss auf die Evaluation und Auswahl des Herstellers.

Der Herstellungsprozess wird vom BAG geprüft und die Produkte von unabhängigen Stellen im Labor analysiert. Die THC-Konzentration ist gesetzlich auf maximal 20 Prozent beschränkt.

Neben den Cannabisprodukten, welche den Teilnehmenden zum Kauf angeboten werden, steht ihnen auch eine Beratung offen. Sie können sich zu den Cannabisprodukten, den Cannabiskonsumformen – Rauchen, Vaporisieren, Dampfen, Essen – beraten lassen. In dieser Beratung wird auch auf das Krankheitsrisiko, welches mit dem Rauchen einhergeht, thematisiert.

Die Verkaufsstellen dienen auch als Anlaufstelle für gesundheitsrelevante Informationen im Zusammenhang mit Cannabis-, Tabak- und Alkoholkonsum.